Einfluss der german. Sprachen - Beispiele

1. Wortschatz

Durch die Franken wurden rund 700 Wörter vermittelt. - Genauer gesagt: ca. 700 Wortstämme, denn die grammatikalischen Endungen, usw. folgten den latein-romanischen Regeln, so wie auch heute beim Eindringen von Fremdwörter ins Deutsche nur der Wortstamm übernommen wird, die Deklination/Konjugation, usw. jedoch den Regeln der deutschen Grammatik folgt.

Hierzu ein besonders "schönes" Beispiel: "gedownloadet"

Zu diesen Wortstämmen zählen bspw. (weitere Belege bei Klare, S. 45):

la guerre
werra (deutsch: Wirren)
le fauteuil faldestoel (Rolandlied 1095 n. Chr.
le meurtre (vgl. deutsch: “Mord”)
riche reich
hardi kühn
la halle Halle
la salle Saal
le jardin Garten
le flan Fladen

2. Lautbildung

Das fränkische Superstrat hinterließ auch 2 neue Konsonanten in der Nord-Galloromania:

Außer einem bilabialen W-Laut (der hier nicht von Interesse ist) übernahm das Französische auch einen behauchten h-Laut, den das Lateinische und Altfranzösische nicht kannte. Das lateinische h (das ursprünglich auch gesprochen wurde) war bereits im 1. Jhdt. n. Chr. verstummt, wird allerdings z. T. bis heute geschrieben (wenn auch nicht ausgesprochen)

z.B. lat. hora > frz. l’heure, lat. homo > l’homme, lat. hostis > frz. l’hôte (in sämtl. Fällen wird das h nicht gesprochen.
Bei dem letzten Beispiel (lat. hostis) ist der Bedeutungswandel interessant: lat. hostis: fremd, Feind, dagegen frz. hôte Gastgeber, Gast, ebenso deutsch “Gast”, internationales Wort: Hotel

Auch das (aus dem Fränkischen importierte) aspirierte h wird heute nicht mehr gesprochen. Es wird jedoch so behandelt, als wäre es ein Konsonant, d.h. der Artikel wird nicht apostrophiert:

normales h: (lat-roman. Ursprung)
l’heure  
l’homme  
aspiriertes h: (fränk. Ursprung)
la harpe Harfe
le harpon Harpune
le hasard Zufall vgl. jeu de hasard (statt jeu d’hasard) Glücksspiel

3. Wortbildung

Fränkische Präfixe und Suffixe gehen ins Französische über und verbinden sich auch mit lateinischer Basis (vgl. “unfair”, also englisches Adstrat fair mit deutscher Suffix un-)

-aud (-aut, ault) Rimbaud, Renault,
-ard Richard, vieillard (Greis)
-enc, -anc, -an fränk. boulenc, boulanc >altfrz. boulanger Bäcker; paisanc > paysan
mé- (“miß-”): méfier mißtrauen; mécontent unzufrieden; méconnaître verkennen
le hasard Zufall vgl. jeu de hasard (statt jeu d’hasard) Glücksspiel

4. Gallo-fränkische Wanderwörter: Weitere Verbreitung des fränkischen Wortschatzes

Um das Jahr 800 (Zeit Karl des Großen) besaß das Frankenreich seine größte Ausdehnung: Nordgallien war das Siedlungsland der Franken, aber sie eroberten darüber hinaus ganz Gallien sowie Teile Italiens und der Iberischen Halbinsel.

Im Zuge der Expansion verbreiteten die Franken einen Teil ihres Wortschatzes über größere Gebiete. Diese Wörter gehen über ins Okzitanische, Italienische, Spanische und Portugiesische, d.h. sie haben eine weite geographische Verbreitung erst nach 800 erfahren.

Beispiel: *werra (deutsch: Wirren) > frz. guerre, okzit., kat., ital., span., port. guerra
Das lat. Wort für “Krieg” bellum wird somit durch das fränkische Wort werra ersetzt. Das Wort bellum lebt in keiner romanischen Sprache als Erbwort weiter.

Zu diesen Expansionswörtern gehören u.a.:

fränk. blank > franz. blanc (weiß), okzit., katal. blanc, ital. bianco, span. blanco, port. branco - Das lat. Wort albus wird weitgehend ersetzt
fränk. frisc > franz. frais, okzit., katal. fresc, ital., span., port. fresco
fränk. *bosk > franz. bois (“Busch”, Wald), okzit bosc, ital. bosco, span. bosque
fränk. *gardo > franz. jardin (“Garten”), okzit. gardi, ital. giardino, span. jardín, port. jardim
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Das in verschiedenen romanischen Sprachen erhalten gebliebene lat. hortus bezeichnet den Gemüsegarten (im Gegensatz zum Ziergarten):okzit. ort, span. huerto, port. horta, ital. orto.

5. Mündlichkeit

Aus dieser Zeit gibt es keinerlei Belege über die sprachliche Entwicklung. Soweit überhaupt schriftliche Dokumente vorhanden sind (es ist die Zeit des wirtschaftlichen, kulturellen Niedergangs vgl. hier), sind sie in lateinischer Sprache verfaßt. Die Entwicklung der gesprochenen Sprache erfolgt ausschließlich mündlich, und dies auch noch unterschiedlich im nordgalloromanischen (französischsprachigen) und im südgalloromanischen (okzitanischsprachigen) Sprachraum.

Mit der Reformierung des Bildungssystems durch Karl den Großen (Gründung von Universitäten, Einführung von Schulen, usw .) ergibt sich die Möglichkeit, daß auch breitere Volksschichten (die das in den schriftlichen Dokumenten ausschließlich verwandte Latein nicht beherrschen), Zugang zur schriftlichen Texten erhalten. Es bildet sich allmählich das Bedürfnis heraus, Texte allgemeiner Art schriftlich niederzulegen, und es werden die ersten Texte in der “Volkssprache” verfaßt.

Der erste schriftliche Text, der uns auf Altfranzösisch überliefert ist, sind die “Straßburger Eide” (nächste Seite) aus dem Jahr 842 n. Chr. (nächste Seite). Mit ihnen endet die Übergangszeit vom Vulgärlatein zum Altfranzösischen.